Für die Klasse 9b der Mittelschule Vilshofen standen zwei ganz besondere Unterrichtsstunden auf dem Stundenplan. Zusammen mit ihrem Lehrer Michael Gruber erhielten die Schülerinnen und Schüler Besuch von Peter Wulkau, einem Zeitzeugen und Opfer der Staatssicherheit (Stasi) der ehemaligen DDR. Offen und eindrucksvoll schilderte er seine Erlebnisse aus einer Zeit, in der Meinungsfreiheit keine Selbstverständlichkeit war.
Peter Wulkau wurde 1947 in Magdeburg geboren. Sein Vater war stellvertretender Minister für Handel in der DDR, musste jedoch wegen angeblicher Sabotage in den Westen fliehen – ein Ereignis, das das Leben des jungen Wulkau stark prägte. Aufgrund dieser familiären Vorgeschichte durfte er kein Gymnasium besuchen und musste zunächst eine Lehre als Chemiefacharbeiter absolvieren. Später begann er dennoch ein Studium der Philosophie sowie des Marxismus und Leninismus, also der offiziellen Staatslehre der DDR.
Doch Wulkau wollte mehr: Er wollte die Gesellschaft verbessern und begann, seine kritischen Gedanken in einem Manuskript niederzuschreiben. Als er versuchte, dieses Buch nach West-Berlin zu bringen, wurde die Staatssicherheit auf ihn aufmerksam. Die Folge war seine Verhaftung. Nach langen, zermürbenden Verhören, acht Monaten Untersuchungshaft und einem zweifelhaften Gerichtsverfahren wurde Peter Wulkau wegen „staatsfeindlicher Hetze“ zu vier Jahren und sechs Monaten Zuchthaus verurteilt.
Besonders bewegend für die Jugendlichen waren seine Schilderungen der Haftbedingungen und der psychischen Belastungen während der Verhöre – vor allem, weil seine „Schuld“ lediglich darin bestand, kritisch zu denken und frei schreiben zu wollen. „Ich wollte nur ehrlich sein und die Wahrheit sagen. Das war damals gefährlich“, erklärte Wulkau ruhig, aber eindringlich.
Nach Verbüßung der Haftstrafe wurde er mit seiner Frau und seiner Tochter in den Westen ausgesiedelt und begann dort ein neues Leben. Nach der Wende erfuhr er, dass die Stasi über 18.000 Seiten Akten über ihn angelegt hatte und 38 Spitzel auf ihn angesetzt waren. „Ich wusste nicht, wie sehr ich überwacht wurde. Es ist erschreckend, das heute schwarz auf weiß zu sehen“, erzählte er.
Die Schülerinnen und Schüler hörten aufmerksam zu und stellten viele Fragen. „Herr Wulkau hat Geschichte lebendig gemacht. Seine Erzählungen zeigen, wie wichtig Freiheit und Demokratie sind.“ Zum Abschluss bedankten sich die Jugendlichen herzlich bei Peter Wulkau für seinen offenen und mutigen Bericht über ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte.